Ideologien im Vergleich

Wie ideologisch ist eigentlich unsere Politik?

Politik – ein großes Wort. Für die einen ist Politik eine Partei, für die anderen ein Fremdwort, für die einen essentiell wichtig, für die anderen viel Geld und unnötige Diskussion um nichts. Aber was genau ist eigentlich unsere Politik? Kann man das überhaupt definieren?

Die meisten deutschen Parteien können in ihrem Selbstverständnis, ihrem Programm und ihrem Handeln nicht ganz klar einem Zweig des politischen Spektrums zugeordnet werden. Wahrscheinlich die richtige Entscheidung, denn eine klare Zugehörigkeit zu einer Ideologie macht eine Partei für die Staatspolitik eines so mittig orientierten Landes in den meisten Fällen zu extrem. Aber wie extrem sind diese politischen Grundideologien überhaupt und wie beeinflussen sie die moderne politische Lage?

Politische Ideologien kreieren ein bestimmtes System aus Werten und Normen und sind eigentlich grundsätzlich nicht richtig oder falsch – solange sie die demokratischen Werte einer Gesellschaft akzeptieren. Jeder darf aus demokratischer Sicht also einer Ideologie folgen, solange er Andere damit nicht in ihrem Denken oder Handeln einschränkt. Die Grundlage aller politischen Ideologien ist die Unterscheidung in „links“ und „rechts“. Manch einer mag nun denken: naja ganz klar, die Linke ist linksextrem, die AFD ist rechtsextrem. Aber so einfach ist das nicht. Hinter diesen Begriffen stecken mehrere Ideologien, welche sich ganz schön voneinander unterscheiden können. Deshalb folgt nun eine kurze Erklärung der Ideologien, die man kennen sollte.

„LINKS“

Die Theorie des Anarchismus sieht die Selbstbestimmung des Einzelnen als höchstes Gut und verweigert die Herrschaft von Menschen über andere Menschen. Anarchisten wünschen sich eine freie Welt ohne jegliche Organisation, in der sich jedes Individuum selbstverwirklichen und frei leben kann, ohne Hierarchien unterstehen zu müssen. Diese freie Gesellschaft soll sich freiwillig selbst organisieren und den Staatskörper zerschlagen. Jegliche Institutionen werden kritisch gesehen, deshalb organisieren sich Anarchisten auch häufig nicht in Parteien oder anderweitigen Gruppierungen.

Der Sozialismus existierte bereits im 18. Jahrhundert und kritisiert seitdem den Kapitalismus als Wirtschaftssystem. Er strebt die Zentralisierung aller Produktionsmittel und deren zentrale Planung durch den Staat an, um die Gleichheit in der Bevölkerung zu fördern. Damit wird ein neues Wirtschaftssystem geschaffen, die Planwirtschaft. Der Sozialismus gilt, beispielsweise nach den Theorien von Marx und Engels, auch als Übergangslösung zum Kommunismus.

Während der Sozialismus eine eher evolutionäre Theorie darstellt, setzt die Theorie des Kommunismus die Revolution als eine radikalere Lösung zur Erreichung der Ziele der Ideologie voraus. Alle Gesellschaftsmitglieder sollen gleich, alle Güter gerecht verteilt sein. Um dies zu erreichen, muss die Bourgeoisie (also die Besitzenden) vom Proletariat (den Arbeitenden) überwunden und enteignet werden, damit alle Produktionsmittel der Gesellschaft gehören können. Die Gesellschaft wird klassenlos, Bevorzugung existiert nicht. Die Kommunismustheorie endet damit in einer gesamtheitlichen Gesellschaft ohne Probleme, dem Weltfrieden. Der real existierende Kommunismus stellte sich in der Vergangenheit jedoch eher als Terrorherrschaft heraus, da nie alle Gesellschaftsmitglieder die kommunistischen Ansichten akzeptieren und vertreten würden.

Die Identitätspolitik fokussiert sich hauptsächlich auf die Rechte von Minderheiten. Menschen aller Ethnien, Sexualitäten, religiöser Ansichten, kultureller oder sozialer Merkmale sollen einen Platz in der Mehrheitsgesellschaft bekommen und selbstbestimmt und ohne Diskriminierung leben können.

„RECHTS“

Der Konservatismus hielt ursprünglich an bewährten Denkweisen und Handlungsmustern fest, wie beispielsweise der Monarchie, und steht der fortschreitenden Entwicklung tendenziell kritisch gegenüber. Heute steht der Konservatismus für die traditionellen Formen des Zusammenlebens und für die Sicherheit der Menschen innerhalb eines starken Rechtsstaats.

Der Nationalismus betrachtet die Ethnie des eigenen Landes als überhöht und strebt nach der Einheit dieser Ethnie als Volk, welches sich von allen anderen Völkern abhebt. Die Nation ist das höchste Gut, das ein jeder besitzt und auf welches er alles ausrichten soll. Daraus folgt Fremdenfeindlichkeit gegenüber anderen Völkern und die Ansicht, der besten Gruppierung von Menschen anzugehören, die existiert.

Der Faschismus steht oft in engem Zusammenhang mit dem Nationalismus. In der Theorie des Faschismus untersteht ein Volk einem Führer, dem es vertraut und welcher es zweifelsohne leitet. Durch die Liebe zum Führer wird ein faschistisches Volk zu einer Gemeinschaft, grenzt sich damit also auch von anderen Ländern ab. Wer nicht zur Gemeinschaft gehören will, wird ausgegrenzt – dadurch entsteht der Druck, dem Führer bedingungslos zu gehorchen.

Der Populismus als Ideologie vereint Nationalismus und Faschismus, indem er präsente Führungsfiguren, ein Volk als Gemeinschaft und Gemeinschaft durch Abgrenzung propagiert. Da Populismus heute häufig als Stilmittel eingesetzt wird, um bestimmte Gruppen oder Politiker abzuwerten, ist der Begriff kaum mehr als reine politische Ideologie zu verstehen.

„Irgendwo anders“

Im Zentrum des Liberalismus steht die Freiheit der Bürger und die Begrenzung der Macht, die der Staat auf diese ausüben kann. Die Bürger sollen nicht durch den Staat bevormundet werden, um sich sozial, politisch und wirtschaftlich frei entfalten zu können. Jeder ist frei, solange er in seiner Freiheit nicht die Freiheit anderer einschränkt. Aus der Idee, wirtschaftlichen Liberalismus und dadurch eine Selbstregulierung des Marktes zu erzeugen, entstand die Freie Marktwirtschaft, in der jeder Mensch Eigentum besitzen und damit nach seinen Wünschen wirtschaften kann.

Der Ökologismus fokussiert sich, im Gegensatz zu den meisten anderen Ideologien, auf die Erde anstatt auf die Menschheit oder das Individuum. Er kämpft gegen den menschgemachten Klimawandel an und zielt auf eine gewisse Kontrolle der Produktionsmittel ab, um den CO2-Ausstoß oder andere Arten der Umweltverschmutzung zu verhindern.

Ob Religionen Ideologien sind oder nicht, ist vor allem unter Politikern umstritten. Jedoch stellen Religionen auch bestimmte Wertvorstellungen und Meinungen dar die häufig in politische Debatten einfließen, und können damit durchaus als politische Ideologien definiert werden, auch wenn sie nicht, wie so manch andere Ideologie, zu jedem politischen Thema eine bestimmte Ansicht haben.

Puh, ganz schön viel Geschwafel über ein wohl trocken anmutendes Thema. Doch dem aufmerksamen Leser mag aufgefallen sein, dass Politik nicht gleich Politik ist, und Rechts nicht gleich rechts. Und dass es sowohl im „rechts“ als auch im „links“ Abstufungen gibt, was die Radikalität der Forderungen betrifft. Außerdem gibt es noch Ideen, die weder „rechts“ noch „links“ eingeordnet werden können, und wohl kaum einer dieser Ideologien kann man das Parteiproramm einer deutschen Partei eindeutig zuordnen. Und genau das ist das was ich erreichen wollte, denn der politische Diskurs gliedert alles und jeden in Schubladen. Ein AFD-Politiker ist ein Nazi, eine SPD-Politikerin linksversifft oder oder oder – dabei sind sie das doch in der Theorie überhaupt nicht. Sie stellen Forderungen, die weder auf die Kreierung eines zweiten dritten Reiches noch auf die Revolution und den Umschwung zum Kommunismus hinauslaufen würden.

Klar, ich weiß – man kann nicht alles relativieren. Viele Aussagen von Politikern sind grenzwertig, politisch unkorrekt oder radikale Propaganda. Aber wenn man einfach mal den Kern der deutschen Politik betrachtet, ist das einzige, das irgendwie in extremer Form durchgeführt wird, die Demokratie. Sonst dürften viele solcher grenzwertiger Aussagen nicht gesagt werden. Und durch diese Demokratie vereinen sich am Ende alle Aussagen in der Mitte, in einem Gesamtkonsens, in den vielleicht einige extreme politische Ideologien einfließen – aber unvernünftig macht es das nicht.

Quellen der Recherche:

http://www.politik-lexikon.at/ideologie/

https://www.verfassungsschutz.bayern.de/linksextremismus/definition/ideologie/anarchismus/index.html

https://www.bpb.de/nachschlagen/lexika/lexikon-der-wirtschaft/20648/sozialismus

https://wirtschaftslexikon.gabler.de/definition/kommunismus-39031

https://www.bpb.de/nachschlagen/lexika/das-junge-politik-lexikon/161319/kommunismus

https://www.addendum.org/kolumnen/die-neuen-leiden-der-identitaet/

https://www.bpb.de/nachschlagen/lexika/das-junge-politik-lexikon/161328/konservatismus

https://www.verfassungsschutz.bayern.de/rechtsextremismus/definition/ideologie/nationalismus/index.html

https://www.deutschlandfunkkultur.de/debatte-der-umstrittene-begriff-faschismus.976.de.html?dram:article_id=392044

https://www.bpb.de/politik/extremismus/rechtspopulismus/192118/was-versteht-man-unter-populismus

https://www.bpb.de/nachschlagen/lexika/das-junge-politik-lexikon/161371/liberalismus

https://oekologismus.wordpress.com/about/der-okologismus/

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