Ein Essay.
Im Jahr 2019 jährte sich der Beginn des zweiten Weltkriegs zum achtzigsten Mal. Vielleicht ein Anlass, sich über Kriege und deren Umstände Gedanken zu machen, findest Du nicht? Ich für meinen Teil halte es für sinnvoll, mir zu überlegen, ob es denn ohne Kriege ginge, und wenn nicht, wie ein idealer Krieg für mich aussähe.
Ich lege Wert darauf, zu betonen, dass ich in fast allen Fällen pazifistisch eingestellt bin. Gewalt ist nur sehr selten eine Lösung (im Gegensatz zu Alkohol), und wenn, dann keinesfalls auf internationaler Ebene. Eine gut platzierte Ohrfeige zählt da für mich als Ausnahme, immerhin hat diese keine weitreichenden Folgen, außer einer gelernten Lektion für den Empfänger, sagt sie nunmal mehr als tausend Worte und kann nur schwer falsch interpretiert werden. Anzumerken ist hierbei jedoch, dass diese Faustregel niemals auf die Kindererziehung übertragen werden sollte, vielmehr geht es hierbei um den Austrag in der Luft hängender Unstimmigkeiten zwischen gesellschaftlich gleichgestellten Personen.
Trotz meiner pazifistischen Einstellung halte ich es jedoch für absolut utopisch, zu glauben, ein Weltfriede ohne jegliche gewalttätigen Konflikte sei möglich und erstrebenswert, jedenfalls wenn man diesen Frieden als positiven Frieden interpretiert. Weltfrieden scheint nämlich nur eintreten zu können, wenn die Staaten aus Angst vor einer allesüberragenden Supermacht die Füße stillhalten, und damit ein negativer Friede herrscht. Dieser kann meiner Meinung nach auch nur genau so interpretiert werden, nämlich negativ, und ist deshalb weder wünschenswert noch zielführend, sondern vielmehr ein Rückschritt in fast mittelalterliche Herrschaftsmuster. Da lobe ich mir doch offen gelebte diplomatische Konflikte, anstatt einer duckmäuserischen Verhaltenstaktik einem angsteinflößenden Feindbild gegenüber.
Fest verankert ist die Utopie des Weltfriedens im Grundsatz des Kommunismus – eine Art Gedankengut, welche sich ja bisher nie erfolgreich durchgesetzt hat und dadurch wiederum den Weltfrieden in seiner Utopie derart bestärkt, dass er scheinbar nur noch als Ideal des gemeinen Roten anzusehen ist, jedoch nicht als ernsthafte, durchführbare politische Idee, das sieht wohl auch jeder noch so linke Deutsche ein.
Auch in der Natur des Menschen scheint sich verankert zu haben, dass es im Zweifelsfall ohne Gewalt nicht geht. Der vernunftbegabte, wirtschaftlich denkende Homo Sapiens strebt ständig nach seinem eigenen Vorteil und hat, evolutionsbedingt, die Erfahrung gemacht, dass der Stärkere sich durchsetzt. Im Kleinen kann man dies an violenten Kämpfen halbadulter Homo Sapiens-Männchen mit erhöhtem Testosteronspiegel erkennen, welche vor Allem dann auftreten, wenn potente Weibchen im Spiel sind. Auch hier scheint, trotz Fortschritt und Bildung, am Ende alles auf den kleinsten gemeinsamen Nenner des Überlebenskampfes zurückzufallen; das survival of the fittest nach Darwin in allen seinen Grauschattierungen. Persönlich ist mir somit zu Genüge bewiesen, dass eine gewaltlose Welt nicht umsetzbar ist und darum rein naturgemäß große Gewaltkonflikte – also Kriege – entstehen, nein, entstehen müssen. Kurz gesagt: ohne Krieg geht es nicht, und auch wenn ich mich damit nicht unbedingt anfreunden mag, als überzeugte Realistin bleibt mir nichts anderes übrig.
Nun bleibt zu diskutieren, wie denn, wenn es schon nicht möglich ist, Kriege abzuschaffen, ein Krieg, sagen wir der dritte Weltkrieg, im Optimalfall aussähe. Dazu habe ich folgende Theorie entwickelt, die, auch wenn in der praktischen Umsetzung wegen diverser Gründe mit großer Wahrscheinlichkeit nicht umsetzbar, einen für mich gerechten, fairen und distanzierten Krieg beschreibt. Und ja, ich sehe alles immer noch realistisch – deshalb nenne ich meine Idee ja auch Theorie.
Zuerst einmal ist von essenzieller Bedeutung dass die Bedingungen im und um den Krieg klar ausgelotet sind. Menschen- und Völkerrecht stellen dabei die Grundlage dar. Sollte es sich um einen weltumspannenden Konflikt handeln, könnten jene Bedingungen in einer Weltkonferenz oder in der UN-Generalversammlung verhandelt werden, um jedem Staat eine Einflussnahme einzugestehen. Hinfällig sollte dabei jedoch das Vetorecht sein, da in diesem Fall jeder Staat dasselbe Recht auf Sicherheit und Unversehrtheit seiner Bürger besitzt und damit jeder dieselbe Stimme besitzen sollte. In den hierbei zu verhandelnden Bedingungen sollte es in erster Linie um die zu erlaubenden Waffen, Versorgung und ähnliche Nebenbedingungen gehen, während andere Regeln grundlegend und unverhandelbar festgelegt sein sollten. Dazu gehört zum Beispiel das Kriegsgebiet. Um einzelnen Staaten individuelle Neutralität zu erlauben, sollte der Krieg in einem unbewohnten Gebiet ausgefochten werden. Als einzige realistische Möglichkeit schlage ich hier die Antarktis vor. Zweitens bekommt jeder Staat die Chance, zu entscheiden, ob er in den Krieg eintreten will, oder nicht. Verzichtet er, bleibt sein momentanes Staatsgebiet unangerührt, tritt er ein, setzt er sein Staatsgebiet aufs Spiel. Mit dem Eintritt werden alle Staatsgebiete der Kriegsstaaten zu Niemandsland und damit in einen Topf geworfen. Anteilweise im Verhältnis des vorherigen Staatsgebietes zur Landfläche auf der Erde werden dann Teile des Kriegsgebietes an die Kriegsstaaten als Startkapital vergeben. Als Ziele der eintretenden Staaten wäre imperialistische Hoheitsgebietsvergrößerung wohl einer der wahrscheinlichsten Gründe. Jeder Staat hat die Möglichkeit, Teile des Kriegsgebietes neu zu erobern und damit sein reelles Staatsgebiet auf der Landfläche der Erde auszubreiten.
Natürlich werden auch in einem dritten Weltkrieg noch Soldaten notwendig sein. Jedoch sollten Wehrpflichten absolut verboten sein, sodass jeder Staatsbürger über 18, egal ob Mann oder Frau, entscheiden kann, ob er dienen möchte. Auch diese Bereitschaft im Volk ist eine wichtige Bedingung welche ein Staat mit einberechnen muss, wenn er sich für oder gegen einen Eintritt entscheidet. Für die zurückbleibenden Bürger besteht somit nur die Gefahr, im Falle eines Eintritts des Heimatlandes am Ende des Kriegs zu einem anderen Land zugehörig zu sein. Hierbei sehe ich spätere ethnische Konflikte als Konsequenz solch einer Umverteilung als Problem, doch die sind ja auch ohne einen derartigen Vorgang schon an der Tagesordnung.
Natürlich sind derartige Überlegungen rein hypothetisch und könnten fast unmöglich mit dem Einverständnis aller Länder durchgesetzt werden. Natürlich wünscht man sich auch, dass Kriege einfach nie wieder ausbrechen. Doch rein theoretisch ist dies doch die einzig sinnvolle Möglichkeit, Gebietskämpfe und diplomatisch nicht zu lösende Konflikte auszufechten, ohne dass Unschuldige zu Schaden kommen, und dies scheint mir doch recht wünschenswert. Aber wünschenswert, was heißt das schon? So wäre ein dritter Weltkrieg vielleicht in einer Fantasiewelt, in Utopia, aber nie in der Realität, setzt er doch die Vernunft der Menschheit voraus.
Kommentar verfassen